Enttäuschend, frustrierend, einfach wütend. Aber wir werden für unsere Felder kämpfen!

Berlin, 27.11.2023
 

Betreff: Pressemitteilung zur Änderung des Tempelhofer Feld Gesetzes 2023


Sehr geehrte Damen und Herren der Presse, mein Name ist Johannes Russ, Präsident der Turngemeinde in Berlin 1848 e. V., einem Mehrspartensportverein mit rd. 6000 Mitgliedern, direkter Anrainer zum Tempelhofer Feld am Columbiadamm und Pächter des größten Teils der Sportanlagen auf der Nordseite des Tempelhofer Feldes. Es handelt sich bei den gepachteten Sportanlagen um jene, die von der Änderung des Tempelhofer Feld Gesetzes direkt betroffen sein werden.
 

Vorab möchte ich mich bei Ihnen im Namen des gesamten Vereins bedanken für die Berichterstattung bzgl. des Entwurfs der Änderungen des Tempelhofer Feld Gesetzes und die damit verbundene Veröffentlichung der Pläne des Senats, die „Randbebauung“ des Feldes voranzutreiben. Erst durch Ihren Beitrag ist uns die Planung des Senats bekannt geworden, von denen wir als Verein direkt betroffen sein und die schwerwiegende Auswirkungen auf die gesamte Berliner Sportlandschaft haben werden. Ich möchte in diesem Schreiben genauer darauf eingehen, welche Folgen eine „Randbebauung“ dieser Art - und sei sie nur temporär - aus unserer Sicht für den Sport in der Hauptstadt haben würde und wie sich der Verein hierzu positioniert.


Ein Basketballplatz, ein Softballplatz, ein Baseballplatz, ein Tennisplatz, sowie eine Beachvolleyballanlage mit mehreren gleichzeitig bespielbaren Feldern würden für die Erweiterung der Unterkunft für Geflüchtete weichen müssen und damit auch zum Stillstand des Sportbetriebs für fast 500 Mitglieder unseres Vereins bedeuten. Dabei besitzen diese teilweise historischen Wert für die Stadt und stehen sogar unseres Wissens nach teilweise unter Denkmalschutz. Denn bei den Softball- und Baseballfeldern handelt es sich um den „Gail S. Halvorsen Park“ – benannt nach dem bekannten Rosinenbomberpiloten - und damit um die alten Spielfelder der GIs während der Besatzungszeit, die unser Verein seit nunmehr 15 Jahren pflegt und auf diesen im kommenden Jahr auch Bundesligaspiele ausrichten wollte. Ebenso befanden sich auf dem Areal Anlagen für Zwangsarbeitende der Zeit der Nationalsozialisten, bevor diese deportiert worden sind. Der historische Wert ist damit offensichtlich.


Zusätzlich möchten wir betonen, dass unsere Beachvolleyball-Anlage eine der wenigen innerhalb des Rings ist, die nicht kommerziell betrieben werden. Unsere Beachvolleyballabteilung betreibt ein reines Breitensportprogramm für alle Personen, hat kostenfreie Sportangebote für geflüchtete Personen unterhalten und muss nun um ihre Existenz bangen. Ebenso ist die Basketballanlage erst vor wenigen Monaten im Zuge des Projektes spOrt365 aufwendig saniert und ausgebaut worden. Softball und Baseball sind ebenso wenig in der Berliner Sportlandschaft ausreichend vertreten. Daher würde auch ein temporärer Ausfall der Anlagen einen nicht unerheblichen Effekt auf die Berliner Sportlandschaft und das Angebot für alle Berliner:innen haben.

Grundsätzlich unterstützt der Verein die Bemühungen des Senats, geflüchteten Personen eine würdige Unterbringung inklusive benötigter Infrastruktur für eine erfolgreiche Integration zu bieten. Wir empfinden den gewählten Ort als höchst unangemessen im Hinblick auf die historische Bedeutung und dem denkmalgeschützten wertvollen Platz, der durch die Maßnahme zerstört werden würde. Eine effektive „Randbebauung“ an dieser Stelle ist unseres Erachtens deshalb ohnehin nicht möglich.


Ebenso denken wir, dass die Verlagerung der Sportarten an die Randbezirke der Stadt für Personengruppen mit wenig hoher Mobilität wie bspw. Kinder, die Berliner Sportlandschaft nachhaltig negativ beeinflussen würde. Alle Berliner:innen verdienen neben einem erholsamen Rückzugsort auch entsprechende Sportangebote in der Nähe Ihres Kiezes, die nicht auf Gewinnoptimierung ausgerichtet sind. Wir denken, dass eine Erweiterung in diesem Ausmaß dem entgegensteht.


Wir sehen natürlich auch die Bedürftigkeit der geflüchteten Personen. Integrative Maßnahmen für geflüchtete Personen mit Vereinssport umzusetzen, halten wir für eine effektive Art, Kommunikation und Kontaktpunkte zwischen den unterschiedlichen Kulturen herzustellen und existierende Ängste zu nehmen. Deshalb wird der Verein gerne mit dem Senat in den Dialog treten, um geeignete Lösungen im Sinne aller Berliner:innen und der geflüchteten Personen mit integrativen Sportprogrammen zu suchen. Wir würden uns hier ebenso an die zuständigen Gruppen, die auf dem Tempelhofer Feld aktiv sind, wenden. Gerne erwarten wir das Gesprächsangebot der zuständigen Senatsstellen, die für den Gesetzesentwurf maßgeblich verantwortlich sind. Allerdings sind die aktuell eingebrachten Gesetzesänderungen nicht nur für den Verein, sondern für die Sportlandschaft Berlins schädlich, separieren geflüchtete Personen mehr durch die Art der neuen Angebote und schaffen vermutlich einen gegenteiligen Effekt – das Gefühl bei den Berliner:innen, geflüchtete Personen könnten ihnen etwas wegnehmen.


Daher stellt sich der Verein gegen das Vorhaben des Senates zur Ausweitung der
sogenannten Tempohomes auf die Sportanlagen am Columbiadamm.


Mit freundlichem Gruß,


Johannes Russ
Präsident der Turngemeinde in Berlin 1848 e. V.

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